Wie am vergangenen Sonntag Jesus in Nazareth durch Seine Auslegung der Heiligen Schrift viel Lob und Aufmerksamkeit erntete, so sehen wir heute in der gleich darauffolgenden Szene, wie diese Begeisterung der Landleute umschlägt: zunächst Misstrauen („ist das nicht der Sohn Josef“) und dann in Opposition und Gewaltbereitschaft („sie wollten Ihn vom Berg hinabstürzen, auf dem ihre Stadt gebaut war“). Jesus hatte es ja auch durch einige Beispiele noch herausgefordert und provoziert.
Nun geht Er aber durch die „Menschenmenge mitten hindurch“. Er geht weg, Seinen Weg.
Mir fällt auf, dass ich selbst so oft beide Gefühle/Empfindungen in mir trage: eine sofortige Sympathie, und dann Bedenken und demzufolge auch eine gewisse Aggressivität. Wie kommt das? Sind wir zunächst zu blauäugig und denken erst später nach, wobei dann Fragen und Zweifel aufkommen? Oder sind wir so „gebaut“, dass wir nie ganz das Positive als Solches stehen lassen können, ohne dazu ebenfalls die Hacken und Ösen zu suchen, vielleicht um uns selbst zu entschuldigen und herauszureden, weil wir halt nicht so sind und sein wollen?
Paulus hat da im 1. Korintherbrief im 13. Kapitel das bekannte und beliebte „Hohelied der Liebe“ verfasst. Er schaut nicht auf die äußeren Worte und Taten, sondern sondiert das Herz. Ist da Liebe drin? Waltet Liebe in allem und in meinem ganzen Sein und Wesen? Diese Liebe ist, nach seinen Worten, ganzheitlich und vollkommen, wenn auch ein Wachstum in sie hinein nötig ist. Doch sie allein zählt schließlich, sogar im Himmel, denn dort sind Glaube und Hoffnung nicht mehr gebraucht, wohl aber die Liebe, nur die Liebe.
Hat das die Einwohner von Nazareth so gestört, weil sie in sich diese Liebe und die Bereitschaft dazu, allzu sehr vermissten? Und wie ist es bei uns, bei mir?
„Herr Jesus Christus, wir haben so viele innere Bilder von Dir, von Gott, vom Himmel. Stimmen diese Bilder und Vorstellungen mit der Wirklichkeit überein? Selten! Und doch brauchen wir Worte, Vergleiche, Bilder…als Stütze, als Instrument, als Weg! Wir dürfen die Wahrheit und Wirklichkeit nur nicht in diesen Rahmen hineinpressen wollen, sie nicht konservieren wie alte Schätze in einem Museum; es bleibt die Aufgabe, daran zu wachsen, darin zu wachsen. Da ist noch viel möglich. Stehe uns bei, Herr“.