12.6.2014- -A-II- -10. Woche- -Leo III

 

Die Worte der Bergpredigt bei Matthäus 5-7 schaffen keineswegs die Thora ab und fügen auch keine Forderungen hinzu, doch führen sie in die Tiefe und von der Außenseite in die Innenseite aller Gebote. Jesus geht es nicht nur um das perfekte Einhalten der Vorschriften, sondern um das Erkennen des Geistes, der das Handeln der Gläubigen leiten soll.  So kann man in gewisser Weise von einer Verschärfung reden, die aber nicht in eine noch peinlich genauere Einhaltung führen will, sondern den Geist freisetzt, in dem das ganze Leben des Gläubigen gelebt werden soll , und nicht nur einzelne Akte oder Taten. Es ist wie in einer Familie: nicht nur einzelne Taten bilden das Gemeinschaftsleben, sondern alles in einem bestimmten Geist.

 

Jeden Tag bieten wir einen kleinen Auszug des apostolischen Schreibens „Evangelii Gaudium“ von Papst Franziskus an. Im ersten Kapitel geht es um die missionarische Aufgabe der Kirche  und um die notwendige Umwandlung auf wichtige Grundhaltungen hin:

 

39. Ebenso wie der organische Zusammenhang zwischen den Tugenden verhindert, irgendeine von ihnen aus dem christlichen Ideal auszuschließen, wird auch keine Wahrheit geleugnet. Man darf die Vollständigkeit der Botschaft des Evangeliums nicht verstümmeln. Außerdem versteht man jede Wahrheit besser, wenn man sie in Beziehung zu der harmonischen Ganzheit der christlichen Botschaft setzt, und in diesem Zusammenhang haben alle Wahrheiten ihre Bedeutung und erhellen sich gegenseitig. Wenn die Predigttätigkeit treu gegenüber dem Evangelium ist, zeigt sich in aller Klarheit die Zentralität einiger Wahrheiten, und es wird deutlich, dass die christliche Morallehre keine stoische Ethik ist, dass sie mehr ist als eine Askese, dass sie weder eine bloße praktische Philosophie ist, noch ein Katalog von Sünden und Fehlern. Das Evangelium lädt vor allem dazu ein, dem Gott zu antworten, der uns liebt und uns rettet – ihm zu antworten, indem man ihn in den anderen erkennt und aus sich selbst herausgeht, um das Wohl aller zu suchen. Diese Einladung darf unter keinen Umständen verdunkelt werden! Alle Tugenden stehen im Dienst dieser Antwort der Liebe. Wenn diese Einladung nicht stark und anziehend leuchtet, riskiert das moralische Gebäude der Kirche, ein Kartenhaus zu werden, und das ist unsere schlimmste Gefahr. Denn dann wird es nicht eigentlich das Evangelium sein, was verkündet wird, sondern einige lehrmäßige oder moralische Schwerpunkte, die aus bestimmten theologischen Optionen hervorgehen. Die Botschaft läuft Gefahr, ihre Frische zu verlieren und nicht mehr „den Duft des Evangeliums“ zu haben.

 

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